Ooohhh…hmmm….Schokolade!

Was macht eigentlich ein Schokoladentester? Ist es für ihn noch Genuss, nach der Arbeit Schokolade zu essen? Und wie schafft er es, nicht dick zu werden? Was ist seine Lieblings-Schokolade?

Seine Leidenschaft ist die Schokolade – gute Schokolade! Georg Bernardini hat einen Job, der das Herz jedes Genießers schnell höher schlagen lässt: er ist Schokoladentester! Nach beruflichen Stationen als Konditor und Pâtissier in Deutschland und Frankreich, gründete er mit Partner Oliver Coppeneur den bekannten deutschen Schokoladenhersteller Confiserie Coppeneur et Compagnon, heute der deutsche Hersteller mit dem qualitativ besten Ruf.

2012 veröffentlichte er ein Buch „Der Schokoladentester. Die besten Schokoladen und Pralinen der Welt“, das von Kritikern als „Schokoladenbibel“ bezeichnet wird. Für dieses 730 Seiten starkes Werk hat er in 10 Monaten 2.950 verschiedene Schokoladenprodukte aus aller Welt probiert und bewertet. Als leidenschaftlicher Schokoholic konnte ich mir es nicht nehmen lassen und fragte ihn kurzerhand nach einem Interview. Und war sehr erfreut, dass er sich tatsächlich die Zeit nahm, mir ein paar Fragen zu beantworten.

Herr Bernardini, wie ist es dazu gekommen, dass Sie Schokoladentester wurden?

Als gelernter Konditor habe ich zusammen mit Oliver Coppeneur 1992 die Confiserie Coppeneur et Compagnon (Sitz in Bad Honnef) gegründet. Ab dem Jahr 2006 haben wir selber Schokolade von der Bohne weg hergestellt. Im Jahr 2010 habe ich meine Anteile am Unternehmen verkauft. Während meiner Zeit als Unternehmer habe ich auch den weltweiten Schokoladenmarkt beobachtet und auch viele Produkte getestet und mit unseren verglichen.

Schon damals ist mir viel Widersprüchliches aufgefallen z. B. Marken die suggerieren, dass sie von der Bohne weg produzieren, dies aber nicht der Wahrheit entspricht. Nach meinem Ausstieg aus dem Unternehmen wollte ich die mir gewonnen Kenntnisse und mein Wissen in einem Buch veröffentlichen. Dazu waren jedoch noch weitere Recherchen notwendig.

Schokolade ist einzigartig vielfältig

Woher stammt Ihre Leidenschaft für Schokolade? Was macht Schokolade so einzigartig?

Ich stamme aus einer Gastronomenfamilie und meine Leidenschaft begann mit der Lust auf gutes Essen, entwickelte sich dann über den Hauptfokus auf Desserts zur Leidenschaft für Schokolade. Schokolade ist ein Produkt, dass sich auf sehr vielfältiger Weise in aller Art von Speisen einsetzten lässt. Das ist so ziemlich Einzigartig.

Wie sieht ein Schokoladen-Tasting aus?

Zuerst sollte der Zeitpunkt sorgsam gewählt werden. Es sollte höchste Sensibilität bestehen und nicht zu früh nach einem Essen stattfinden. Alkohol, Tee, Kaffee, Zigaretten, kohlensäurehaltige Getränke sind tabu. Produkte sollten 20-22 G C haben, die Umgebungstemperatur sollte ähnlich sein. Zuerst begutachte ich das Aussehen, dann den Geruch, gefolgt vom Bruch. Das erste Stück lasse ich auf der Zunge zergehen, kaue aber danach auch ein wenig die Schokolade. Viele meinen, dass das falsch ist. Ich bin der Meinung, dass das Kauen die Aromen verstärkt hervorruft. Am Ende lasse ich die Schokolade aber wieder im Mund zergehen. Danach warte ich, wie die Aromen sich im Mund nachhaltig entwickeln (oder gleich wieder weg sind). Vor dem nächsten Stück Schokolade den Geschmack neutralisieren. Für Profis sollten bis zu 20 Schokoladen machbar sein, Laien empfehle ich maximal 8-10 Sorten.

cocoa-kakaoWoran erkennt ein Laie, ob es sich um eine gute Qualität handelt?

Leider erkennt man nicht sofort, ob eine Schokolade gut oder schlecht ist. Die Zutatenliste ist wohl die einzige Hilfe. Zutaten sollten stets natürlich sein und Aromen haben in puren Schokoladen nichts zu suchen. Einzig natürliche Vanille kann toleriert werden und ist vor allem in Milchschokolade eher eine Geschmacksfrage.

Die Zugabe von Vanille in dunkler Schokolade ist schon eher bedenklich. Guter Kakao braucht das nicht und der eine oder andere Hersteller gibt Vanille hinzu, weil der Kakao selber kaum Aroma hat.

Bei Milchschokolade sollte sich die Zutatenliste auf Kakao, Kakaobutter, Milchpulver, Rohrzucker und evtl. Vanille begrenzen.

Alle anderen Zutaten, besonders Butterreinfett, gehört in keine Milchschokolade. Bei dunkler Schokolade reichen Kakao und Rohrzucker als Zutaten aus. Kakaobutter kann toleriert werden, aber Schokolade mit zusätzlicher Kakaobutter schmeckt mir persönlich nicht. Zugesetzte Kakaobutter macht Schokolade unnötig fettiger und der Geschmack wird wesentlich verfälscht/verändert.

Cover-366x516Sie haben das Buch „Der Schokoladentester“ herausgebracht. Worum geht es hierbei?

In meinem Buch beschreibe ich alles Wesentliche vom Kakaoursprung (Geschichte, Anbauländer, Kakaosorten etc.) bis hin zum fertigen Schokoladenprodukt (Herstellung von verschiedenen Schokoladenprodukten, gesundheitliche Aspekte, Herstellerländer etc.). Der Hauptfokus liegt dann bei der Beurteilung von fast 3.000 Schokoladenprodukten aus aller Welt mit detaillierten Informationen zu über 270 Herstellern.

Wie schafft Sie es bei all der Schokolade nicht dick zu werden?

Als Ausgleich ist eine sportliche Aktivität ratsam. (Anmerkung von mir: Das habe ich befürchtet)

Ist es für Sie noch ein Genuss, Schokolade privat zu essen?

Wenn es sich um gute Schokolade handelt, ja. Schlechte oder mittelmäßige Schokolade – oder Schokoladenprodukte generell – esse ich nicht.

Was ist Ihre Lieblings-Schokolade?

Ich möchte mich nicht auf eine Schokolade festsetzen. Am liebsten esse ich Schokoladen von Domori und Zotter sowie Soma aus Kanada. Hierbei spielt es keine Rolle welche, da mir nahezu alle Schokoladen dieser Hersteller schmecken. Bei Pralinen ist mein Favorit ganz klar Patrick Roger, wobei ich auch Pierre Marcolini und Jean-Paul Hévin sehr schätze.

Was ist die außergewöhnlichste Sorte, die Sie probiert haben?

Eine japanische Milchschokolade mit Collagen aus Japan von 100% ChocolateCafé. Schmeckt dezent nach Orange und wird beim ersten Schmelzen leicht geleeartig, um am Ende in einem feinen Schmelz zu enden. Sehr außergewöhnlich.

Erkennen Sie eine steigende Nachfrage nach Fairtrade- oder Bio-Schokoladen?

Der Anteil von Fairtrade und Bio ist sehr gering und ich sehe wenn nur eine leicht steigende Nachfrage. Leider sind die meisten Konsumenten nicht bereit für Fairtrade und Bio einen Aufpreis zu zahlen.

Genuss kann auf vielfältiger Weise erfolgen und ist ein elementarer Bestandteil unseres Lebens. Ohne Genuss würden wir abstumpfen und eingehen.

Gibt es einen abzusehenden Schokoladen-Trend?

Es gab letztes Jahr in den USA und England den Trend zu Rohkostschokolade (Anmerkung von mir: Die Kakaobohnen werden hierbei kaum fermentiert und geröstet, die Temperatur bleibt unter 46 Grad, damit die Inhaltstoffe nicht zerstört werden.). Er scheint es (noch) nicht nach Deutschland geschafft zu haben. In Deutschland sehe ich keinen besonderen Trend.

Der Hype auf Schokolade insgesamt hat sich sehr beruhigt und mittlerweile sind die außergewöhnlichen und experimentellen Schokoladen nicht mehr so gefragt. Die Konsumenten gehen wieder zurück zu den traditionellen Produkten.

Bieten Sie Schokoladen-Seminare an?

Ich biete auf Anfrage Seminare und Beratungen an, organisiere selber aber keine Seminare.

Zum Abschluss: Was bedeutet für Sie Genuss?

Georg BernardiniGenuss kann auf vielfältiger Weise erfolgen und ist ein elementarer Bestandteil meines, bzw. unseres Lebens. Ohne Genuss würden wir abstumpfen und eingehen. Die positive Sinnesempfindung durch Genuss und das damit erreichte Wohlbefinden macht das Leben lebenswert.

Ich danke Ihnen vielmals für das Interview und den hochinteressanten Einblick in den Alltag eines Schokoladen-Testers!

Webseite: Der Schokoladenrester

Buch: Georg Bernardini: „Der Schokoladentester. Die besten Schokoladen und Pralinen der Welt. Was dahinter steckt und worauf wir gerne verzichten.“ 731 Seiten, 29,90 Euro. Selbst-Verlag. Zu beziehen unter anderem über Amazon.de
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