Wie essen wir in Zukunft?

Ich bin ganz fasziniert von dem Thema, wie sich unser Essverhalten und unser Verständnis von gutem Essen entwickeln wird. Das GDI (Gottlieb Duttweiler Institut) aus Zürich hat hierzu den „European Food Trends Report“ erstellt, den sie mir auf Anfrage frei zur Verfügung gestellt haben. Ich habe diesen Report intensiv durchgearbeitet und gebe euch hier in 3 Teilen einen Einblick in unsere Ess-Zukunft. Was könnte auf uns zukommen?

Die Antwort auf Nahrungsmittelskandal: Food Skills

Nach den zahlreichen Nahrungsmittelskandalen der letzten Jahre werden sich Konsumenten immer mehr „Food Skills“ aneignen. Food Skills bedeutet, dass sich Konsumenten kulinarische Expertise, sowie Essen-und Trink-Know-how beibringen werden. Das Wissen, woraus unser Essen besteht, wo und wie dieses hergestellt wird,  wird als neues Statussymbol und Identifikationsmittel zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Ganz nach dem Motto: Ich esse, also bin ich.

Das Internet trägt seinen Teil dazu bei, dass sich die aufgeklärten Konsumenten immer bewusster und intensiver mit ihrem Essen auseinandersetzen werden. Schon heute fotografiert fast jeder sein Essen, schreibt über Restaurant-Erfahrungen und tauscht Rezepte online aus. Blinde Flecken wird es immer weniger geben. Unternehmen, die keinen Einblick in ihrer Produktionsprozesse gewähren, werden zunehmend unter Druck geraten.

Fast Food trifft Gourmet-Küche

Ein Drittel der Deutschen hat einen unregelmäßigen Tagesablauf, infolge dessen wird in der Woche vermehrt auf Fast Food zurückgegriffen. Es wird nicht zu festen Zeiten gegessen, sondern dann, wenn sich gerade ein Zeitfenster auftut. Am Wochenende und am Abend jedoch wird „gutes Kochen und Essen“ ritualisiert und regelrecht zelebriert. Das Essen und dessen Zubereitung wird als Mittel benutzt, um soziale Kontakte zu pflegen und sich Zeit füreinander zu nehmen.

Soziale Splittung: Die kulinarische Klassengesellschaft

Dies gilt jedoch überwiegend für die, die sich das leisten können. Bei einkommensschwächeren Familien liegt – nach wie vor – das Hauptaugenmerk auf dem Preis, daher werden Discounter mit Billigfleisch, Billigeiern weiterhin hohe Umsätze machen.

Bei den besser Situierten wird die Küche zunehmend der Mittelpunkt des sozialen Geschehens und gemütlichen Beisammenseins.  Küchen sind bereits jetzt repräsentative Koch-Wohn-Einrichtungen geworden, wo viel Zeit verbracht wird. In Zukunft wird am sich am Wochenende und im Urlaub mehr Zeit für ein ausgedehntes Frühstück, aufwendiges Kochen und gemeinsames Essen mit Freunden und Familie gelegt.

Die Bedeutung von Gesundheit und Food Skills als Statussymbol wird seinen Teil dazu beitragen, dass es eine kuliarische Klassengesellschaft geben wird. Dickere Menschen werden es zunehmend schwer haben akzeptiert zu werden. Veganer werden beispielsweise als „rein“ wahrgenommen, wohingegen Fettleibige als faul stigmatisiert, die den hohen Werten „Gesundheit“ und „Ernährung“ keine oder nur wenig Bedeutung beimessen. Die Diskriminierung von beleibteren Menschen wird zunehmen.

Kinder müssen kochen lernen

kind essen

Je besser die kulinarische Bildung, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit, im Erwachsenenalter übergewichtig zu sein. Nach einer Nestle-Studie von 2011 haben Kinder von Müttern, die wenig Wert auf gesunde Ernährung legen, eine fünfmal höhere Wahrscheinlichkeit, an Gewichtsproblemen zu leiden.  Doch wer übernimmt die kulinarische Erziehung der Kinder?

Den Eltern mangelt es an Zeit, die Verpflegung in Kinderrippen und Schulen wird vermehrt eine Rolle spielen. Jedoch fühlen sich weder die Schulen, noch Eltern, die Politik oder die Wirtschaft für ihre Erziehung verantwortlich. Geschmack und Ernährungsgewohnheiten sind jedoch keine Eigenarten, sondern werden anerzogen. Es wird in Zukunft also erforderlich sein, dass es Unternehmen, Politiker und Institutionen geben wird, die sich diesem Thema annähern und den Kindern beibringen, gesund und mit hoher Qualität zu kochen.

Ein gutes Beispiel ist Jamie Oliver, der mit seiner Stiftung „Food Revolution“ den Kindern spielerisch den Umgang mit gesunder Ernährung beibringt. Vielleicht wird der klassische Hauswirtschaftsunterricht wieder eine Comeback erleben?

Hier findest du weitere interessante Links zum Thema Food Skills & tolle Projekte:

Jetzt bist du gefragt!

Ich finde den Gedanken, dass die Extreme zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klaffen wird, erschreckend. Jeder hat das Recht auf eine gute und gesunde Ernährung – unabhängig von seinem Verdienst. Was glaubst du, was uns in kulinarischer Hinsicht in Zukunft erwarten wird? Bereits jetzt ist jedes 5. Kind übergewichtig, Tendenz steigend. Und ob ein Mensch im Laufe seines Lebens Übergewicht entwickelt, wird maßgeblich in der Kindheit und Jugend entschieden.

In dieser Phase wird die Anzahl der Fettzellen im Körper festgelegt, die danach für immer konstant bleibt. Hast du eine Idee, wie man der Zweiklassen-Ernährung entgegenwirken könnte, damit auch weniger betuchte Menschen sich gutes und gesundes Essen leisten können? Hast du eine Idee, wie man Kinder für das Kochen begeistern kann, damit es auch richtig lecker wird? Die Food-Landschaft braucht dich! Ich freue mich auf deine Ideen und Kommentare und biete dir an, deine Idee hier ausführlich zu präsentieren und andere dafür zu begeistern!

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3 Gedanken zu „Wie essen wir in Zukunft?“

  1. Liebe Annika,

    gerne folge ich Deinem Blog und Deinen Thesen. Heute widerspreche ich Dir ein klitzekleines bisschen. Denn gutes Essen ist nicht wirklich „den Reichen“ vorbehalten. Wenn Menschen sich an das Halten „was“ es Frisches gibt, dann kaufen sie gesund + günstig.
    Seit Jahren plädiere ich für Ernährungsbildung und gebe auch Kurse in Kindergärten, doch das Thema fängt zuhause an… Ein weites Feld und schön, dass Du des Themas annimmst.
    Herrlichen Freitag wünscht,
    Katrine

    Antworten
  2. Vielen Dank Katrine für deinen Beitrag – und auch für deinen „kleinen Einwand“ 🙂 Es kommt aber drauf an…wenn ich im Geschäft z.B. eine Fertig-Lasagne kaufe kostet diese deutlich weniger, als wenn ich diese mit den Zutaten selber frisch zubereiten würde. Und Pizza ist auch oft günstiger als Obst und Gemüse – völlig verrückt. Daher muss schon früh angefangen zu werden, Kinder darauf zu schulen, welche Sorten saisonbedingt günstiger sind etc. Dann ist auch eine gesunde Ernährung günstig.

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    • Liebe Annika,
      vielen Dank für deinen Blog. Das Thema ist meiner Meinung nach klasse gewählt.

      Bin mir aber nicht ganz sicher, ob Lasagne aus dem Tiefkühlregal und Co. wirklich günstiger sind. Das scheint wohl so auf den ersten Blick, aber Lasagne zu Hause selbstgemacht ist ja meistens eine große Form (nehmen wir das mal an). Man bezahlt also beim Einkaufen mehr für die frischen Zutaten, hat aber auch mehr, weil die Portion für zum Beispiel zwei Tage reicht. Das müsste ich natürlich mal prüfen, ob das rechnerisch so stimmt. 😉

      Aber um meine Ansicht noch ein bisschen besser zu begründen. Ich plane jede Woche, was es von Mo-So zu Essen gibt. Es wird auch nur gekauft was auf dem Zettel steht (meistens). Und ich denke, dass ich finanziell damit viel besser fahre als mir jeden Tag die Lasagne aus dem Tiefkühlfach zu kaufen.

      Grüße:)

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